Wilstersche
Zeitung vom 08.03.2004
Demo gegen Atom-Lager
Brokdorf/Lägerdorf
lh
Rund 150 Menschen gingen in Brokdorf gegen die Errichtung
eines Zwischenlagers für Atommüll auf die Straße.
Mitorganisator Karsten Hinrichsen prangerte vor allem den leichtfertigen
Umgang mit dem strahlenden Abfall an.
„Wer von Zwischenlager spricht und kein Endlager vorweisen
kann, ist ein Lügner." Karsten Hinrichsen, Mitorganisator
der Demonstration gegen das Zwischenlager für Atommüll
in Brokdorf, das zur Zeit gebaut wird, fand deutliche Worte. Er
begründete seine Kritik mit dem Fehlen eines Konzeptes für
ein Endlager, das es weltweit bisher nicht gebe.
Somit sei nicht klar, wie lange die abgebrannten Brennstäbe
in Brokdorf verblieben: Der dort zwischen gelagerte Atommüll
strahle weiter, während es an der erforderlichen Sicherheit
fehle. Dieser „leichtfertige Umgang mit dem Atommüll
ist ein Verbrechen an unseren Kindern und Enkeln". Hinrichsen
sah einen Widerspruch zwischen den Versprechen von Politikern vor
der Wahl und der Realität nach dem Atomkonsens.
Trotz des Atomkonsens der Bundesregierung und der Aussicht, dass
das Kernkraftwerk Brokdorf in 15 Jahren abgeschaltet werden soll,
gingen die Atomkraftgegner am Wochenende gegen den Bau eines Zwischenlagers
für atomare Brennstäbe auf die Straße.
Etwa 150 Atomkraftgegner versammelten sich bei Schnee und winterlichen
Temperaturen vor dem Kernkraftwerk. Mit Informationen, Reden und
einigen Aktionen machten sie auf ihr Anliegen aufmerksam. Aufgerufen
zu der Demo hatte ein örtliches Aktionsbündnis aus Grünen,
PDS, BUND, Naturschutzbund (Nabu), Fahrradclub ADFC, „Aktionskreis
Stilllegen" und weiteren Inititiatoren.
Laut dem „Entsorgungsparagraphen" im Atomgesetz von
1976 müsse „der Atommüll schadlos verwertet oder
geordnet beseitigt werden", informierte Hinrichsen weiter.
„Andernfalls wäre der AKW-Betrieb unzulässig."
Dieser Paragraph sei bisher aber von keiner Bundesregierung ernst
genommen worden, und diese Tatsache spiegele sich auch in dem Bau
des Zwischenlagers in Brokdorf wieder. Im Gegenteil: Selbst für
die Gerichte spiele die Entsorgungsfrage bei der Genehmigung eines
Atomkraftwerkes „überhaupt keine Rolle". Neben den
zwölf nun entstehenden Zwischenlagern in Deutschland verwies
er auch noch auf die militärische Lagerung und die terroristische
Bedrohung. Deshalb könne daraus einzig folgen: „Nur wenn
unser Widerstand groß ist, haben wir vor Gericht eine Chance",
so Hinrichsen.
Jürgen Ruge, Kreistagsabgeordneter der Grünen, stellte
zunächst klar: „Wir akzeptieren den Atomkompromiss."
Aber: „Wir akzeptieren nicht, dass es seit 2001 keinen Fortschritt
bei der Endlagersuche gibt, und die Bedrohung durch den internationalen
Terrorismus seit dem 11. September 2001 auch die Atomkraftwerke
betrifft." Er forderte deshalb die „größtmögliche
Sicherheit" für die Bevölkerung bei der Planung und
den Baustopp des Zwischenlagers.
Dieses sahen sich die Teilnehmer dann vom Elbdeich aus an. Das
Zwischenlager, laut Helga Stegen von der PDS ein „Betonklotz
von 90 Metern Länge mal 30 Metern Breite und 24 Metern Höhe",
solle 100 Castor-Behälter aufnehmen für eine Dauer von
40 Jahren. Sie wies auf die Gefahren durch unzulänglich abgedichtete
Castorbehälter hin: „Darum lautet unsere Forderung: sofortiger
Baustopp und Stilllegung aller AKWs!" Die Demo war allerdings
nur die Ersatzveranstaltung für das eigentliche, bereits gescheiterte
Vorhaben der Atomgegner. Denn die Organisatoren suchten zuvor einen
Kläger, der gegen den Bau des Zwischenlagers vor Gericht ziehen
sollte fanden aber keinen.
Deshalb sahen sie diese Demonstration als Auftakt einer ganzen
Reihe weiterer Aktionen an, die nun noch folgen sollen. Sie gründeten
ein „Netzwerk gegen Atom", in das alle Interessenten
aufgenommen wurden.
Zur Nachlese der Demonstration treffen sie sich nun am Donnerstag,
11. März, um 20 Uhr im Cafe Schwarz in Itzehoe, um über
das weitere Vorgehen zu beraten.
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