Zwischenlager
   


Norddeutsche Rundschau, 18.04.2000

Energie-Staatssekretär Voigt hält ein Zwischenlager in Brunsbüttel für ausreichend

Gefährdungspotential wie bei einem Kernkraftwerk

Die Landesregierung hält ein gemeinsames Zwischenlager für die schleswig-holsteinischen
Kernkraftwerke für ausreichend. Dies teilte Energie-Staatssekretär Wilfried Voigt jetzt in Itzehoe mit.
Als geeigneten Standort nannte er Brunsbüttel. Seine Begründung: Nach der geplanten Abschaltung
des dortigen Kraftwerks gäbe es dann dort auch weiterhin nur ein einziges Gefährdungspotential.

KREIS STEINBURG

( v m )

Für die drei schleswig-holsteinischen Standorte von Kernkraftwerken ist nach Meinung der Landesregierung ein gemeinsames Zwischenlager völlig ausreichend - und das sollte in Brunsbüttel stehen. Dies verkündete Energie-Staatssekretär Wilfried Voigt jetzt auf einer Informationsveranstaltung der Steinburger Grünen in Itzehoe. Der Sprecher betonte allerdings, dass das Land bei diesem Vorhaben nicht Herr des Verfahrens sei. Kiel werde im Rahmen der atomrechtlichen Genehmigung lediglich als einer der Träger öffentlicher Belange gehört.

Der Steinburger Grünen-Sprecher Jürgen Ruge hatte zuvor bemängelt, dass es aus den Reihen der Landesregierung in den vergangenen Monaten sehr unterschiedliche Aussagen zu diesem Thema gegeben habe. "Aber egal wie: An uns bleibt es ja doch hängen", brachte Ruge die Stimmung vor Ort zum Ausdruck.

Wilfried Voigt machte in seinen weiteren Ausführungen keinen Hehl daraus, dass das geplante Zwischenlager ein Gefährdungspotential wie ein Kernkraftwerk in sich berge. "Aber selbst, wenn wir heute alle Kraftwerke abschalten, würden wir solche Lager brauchen", wies Voigt darauf hin, dass es noch keine Endlagerung gebe und auch auf Transporte möglichst verzichtet worden solle,

Vorgesehen seien daher entsprechende Zwischenlager für abgebrannte Brennstäbe, die bundesweit an jedem Kernkraftstandort errichtet werden sollen. In einem Gespräch mit Energieminister Claus Möller, so Voigt weiter, habe Bundesumweltminister Jürgen Trittin erst kürzlich signalisiert, dass für die Standorte Brunsbüttel und Brokdorf tatsächlich ein gemeinsames Zwischenlager in Frage kommen könnte. Dieses solle nach der Philosophie der Landesregierung in Brunsbüttel gebaut werden, weil die Anlage dort lange vor dem Brokdorfer Werk abgeschaltet werde.

Nach Voigts Worten würde Brunsbüttel damit mittelfristig auch weiterhin mit nur einem "Risiko-Potential" belastet. Dem aktuellen Bauantragsverfahren (wir berichteten - d. Red.) misst Wilfried Voigt übrigens keine große Bedeutung bei. Für Brokdorf rechnet er damit, dass die Baugenehmigung ohne Probleme erteilt wird; Brunsbüttel hat das Thema dem Vernehmen nach zurückgestellt, bis Aussagen des Bundesamtes für Strahlenschutz vorliegen. Diese Behörde ist für das atomrechtliche Genehmigungsverfahren zuständig. Laut Voigt soll das Verfahren spätestens im nächsten Frühjahr anlaufen.

Die bundesweite Entwicklung in der Atompolitik verfolgt der Staatssekretär nach eigenem Bekunden derzeit mit eher gemischten Gefühlen. Seine Befürchtung: Der Atomkonsens könnte noch im kommenden Jahr "wie eine Seifenblase platzen", "Dies würde dann eindeutig zu Lasten der Grünen gehen", sagte er. Voigt sprach in diesem Zusammenhang "von einem politischen Gebräu, bei dem ich ganz unruhig werde".

Atomkraftgegner Karsten Hinrichsen hält die Zwischenlager für "ein Geschenk an die Betreiber". Er warf die Frage auf, was nach Ende der Laufzeit von 40 Jahren mit den dort deponierten Castorbehältern werden soll. Hinrichsen: "Es ist eine totale Sackgasse entstanden." Voigt stimmte dem zu: "Das Konsensmodell hat uns alle anderen Geschichten verbaut. "

Die Nortorfer Grünen-Politikerin Silke Dibbern-Voß forderte Voigt und die Landesregierung auf, den "Menschen in dieser Region klar vor Augen zu führen, welche Gefahren auf sie zu kommen". Ihre Anregung: Das Land könnte eine Regionalkonferenz zum Thema Katastrophenschutz organisieren.

Wilfried Voigt notierte sich diesen Wunsch, ansonsten sagte er: "Wir müssen sehen, wie wir eine vernünftige Informationsstrategie vor allem auch für die Einwender hinbekommen." Als weitere Möglichkeit wurde die Erstellung einer Broschüre zu diesem Thema diskutiert.