Wilstersche Zeitung
16.08.1993
Kernkraftwerk Brokdorf zwei Stunden vom Netz
Dampfwolke über dem Maschinenhaus / Kraftwerk
gab keine Auskunft
Brokdorf. Am Sonnabendvormittag war das Kernkraftwerk Brokdorf
für etwa zwei Stunden vom Netz getrennt. Ursache dafür
war der Ausfall einer elektronischen Baugruppe, die Einrichtungen
zur Regelung des Frischdampfdrucks im nicht-nuklearen Wasserdampf-Kreislauf
des Kraftwerks mit Spannung versorgt. Daraufhin schaltete sich die
Turbine automatisch ab, so daß der Generator vom Netz getrennt
wurde. Der Reaktor blieb aber mit verminderter Leistung in Betrieb.
Bis die Anlage ihren Betrieb wieder voll aufgenommen hatte, wurde
reiner Wasserdampf aus dem konventionellen Zwischenkreislauf über
eine während des Normalbetriebs abgesperrte Leitung abgegeben.
Das Ereignis - so die Kraftwerksleitung - war nach den bundeseinheitlichen
Meldekriterien nicht meldepflichtig. Die zuständige Aufsichtsbehörde
wurde dennoch informiert.
Nicht zufrieden sein kann man, wenn unmittelbar nach Auftreten
dieser Störung besorgte Bürger und die Presse im Kraftwerk
anfragen, ob etwas und wenn ja, was geschehen sei, niemand eine
Antwort geben kann. "Das Informationszentrum ist heute nicht
besetzt" oder Der Kraftwerksleiter ist nicht erreichbar"
oder "Wir dürfen keine Auskunft geben" sowie "Wenden
Sie sich an die Pressestelle der PreussenElektra in Hannover"
waren Antworten, die schon vermuten ließen, daß etwas
vertuscht oder zumindest zurückgehalten werden sollte. Unser
Einwand, daß die Pressestelle am Sonnabend wohl nicht besetzt
sein würde, verneinte der Mann in der Telefonzentrale des Kraftwerks.
Dort sei rund um die Uhr jemand zu erreichen, versicherte er. In
Hannover aber Fehlanzeige. "Am Wochenende nicht besetzt"
- so die Auskunft der PreussenElektra.
Besorgte Bürger und informationssüchtige Presse blieben
im Ungewissen. Nachbarn des Kraftwerks hatten seit 9.10 Uhr am Morgen
eine Dampfwolke über dem Maschinenhaus des Kraftwerks gesehen.
Ihre Besorgnis mußten sie über das Wochenende mit sich
herumschleppen. Am Sonntagnachmittag gab die Pressestelle der PreussenElektra
dann eine Presseinformation zu dem Geschehen heraus. Wenn nach einem
Störfall größeren Ausmaßes ebenfalls über
30 Stunden vergehen, ehe die Öffentlichkeit informiert wird
- dann "gute Nacht". |