Karsten Hinrichsen, Heiko Ziggel
15.10.99
Zur Notwendigkeit des Sofortausstiegs
Wir wollen die inhaltliche Diskussion um den Atomausstieg in der
Öffentlichkeit forcieren und argumentativ wieder in die Vorhand
kommen.
Das ist nötig; denn in der derzeitigen Debatte um den Ausstieg
aus der Atomenergienutzung geht es allein um die Profitinteressen
der global operierenden Energiekonzerne: nicht die vielen mit der
Atomenergienutzung verbundenen Gefahren stehen im Vordergrund sondern
Restlaufzeiten und Entschädigungen.
Atomenergienutzung ist untrennbar verbunden mit radioaktiver Verseuchung,
mit der Verbreitung von Nuklearwaffen, mit der Ausbeutung industriell
wenig entwickelter Länder, mit dem Verhindern einer zukunftsfähigen
Energieversorgung sowie mit gesellschaftlichen Veränderungen,
die mit dem Begriff "Atomstaat" umschrieben werden.
I. |
Einleitung: Ziel muß der Sofortausstieg
sein |
II. |
Kriterien zur Bewertung unterschiedlicher
Optionen der Energieversorgung |
III. |
Gründe für die Beendigung
der Atomstromproduktion |
|
1. |
Historie: Warum werden AKWs zur Stromproduktion
eingesetzt? |
|
2. |
Gefahren durch SuperGAU, Niedrigstrahlung
und fehlende Entsorgung |
|
3. |
Blockade zukunftsfähiger Energiepolitik
durch Atomstrom |
|
4. |
Bedrohung gesellschaftlicher Errungenschaften
durch die Atomenergienutzung |
IV. |
Ergebnis: Der Sofortausstieg ist
überfällig |
I. Einleitung: Ziel muß der Sofortausstieg
sein
Alle Fortschritte auf anderen Politikfeldern können durch
einen Super-Gau oder den Einsatz von Atomwaffen zunichte gemacht
werden, weil die Folgen unermeßlich sind: menschliches Leid
und wirtschaftliche Auswirkungen. Letztere werden eine sozial verträgliche
Familien-, Renten-, Bildungs-, Sozial- und Wirtschaftspolitik unmöglich
machen.
Eine Technologie, die wegen ihres Gefahrenpotentials niemals versagen
darf, ist unmenschlich.
Der Weiterbetrieb der AKWs behindert die Energiewende: dezentrale
Versorgung, Ressourcenschonung, gerechtere Handelsbeziehungen, neue
Arbeitsplätze usw.
Wir wollen, daß bei der Debatte um den Atomausstieg eine
dem Gemeinwohl verpflichtete Politik wieder Vorrang hat vor der
Befriedigung der Profitinteressen der Energiekonzerne.
Dazu ist es unerläßlich, daß sich die Ausstiegswilligen
öffentlich positionieren und Druck auf Energieversorger und
Bundesregierung ausüben: gerade Regierungen gehen gern den
Weg des vermeintlich geringsten Widerstands.
Die Atomenergie wäre nicht der erste Wirtschaftszweig, der
durch politischen Beschluß (und ohne Entschädigungszahlungen)
beendet würde: Asbest, FCKW, DDT, usw. Und selbst wenn der
Sofortausstieg bezahlt werden müßte: Laut Atomgesetz
ist nur der Zeitwert zu vergüten. Der dürfte nur noch
ca. 10 Mrd. DM betragen. Gemessen an den Kosten durch einem SuperGau
oder durch einen mit Nuklearwaffen ausgetragenen Konflikt sind ca.
10 Mrd. DM, die in Teilbeträgen über eine Reihe von Jahren
zu zahlen wären, "preiswert". Da auch Kommunen an
AKWs beteiligt sind, wären diese "pleite", wenn es
in einem ihrer AKWs zu einem massiven Unfall käme.
Der Druck muß sich vor Verabschiedung evtler Konsensbeschlüsse
formieren, um als politisches Gewicht in die Waagschale geworfen
werden zu können: Anti-AKW-Initiativen, Hersteller von Solartechnologie,
Erzeuger erneuerbarer Energie, Gewerkschaften (insbesondere die
ÖTV, weil die Energiewende Arbeitsplätze bringt).
Unser Papier soll zur Mobilisierung beitragen.
II. Kriterien zur Bewertung unterschiedlicher
Optionen der Energieversorgung
Energie wird für alle Lebensaktivitäten benötigt.
Sie durchdringt praktisch alle (welt)-politischen und gesellschaftlichen
Bereiche.
Wir formulieren drei Grundsätze:
1. Der maximale Energieverbrauch ist zu begrenzen und muß
darüber hinaus minimiert werden.
Der Energieverbrauch hat sich an der technisch zu realisierenden
Bereitstellung erneuerbarer Energie zu orientieren. Er kann sich
bei Technologiesprüngen (z. B. bei der Sonnenenergienutzung,
der Optimierung von Wärmedämmung) durchaus ändern.
Darüber hinaus muß ein Minimierungsgebot gelten; denn
jede Energieerzeugung und -umwandlung ist mit Ressourcenverbrauch
und Abfallproblemen verbunden (auch Solarstrom).
Wegen des für den Bau von Atomanlagen großen Kapitaleinsatzes
stellt die Atomenergie eine angebotsorientierte Energiebereitstellung
dar. Die von Banken und Betreibern zur Profitmaximierung angestrebte
Steigerung des Energieverbrauchs läuft dem Minimierungsgebot
zuwider.
2. Die Erzeugung der (Rest-)Energie muß umweltverträglich
und nicht gesundheitsgefährdend sein.
Die Bereitstellung von Energie soll umweltverträglich erfolgen
und eine möglichst geringe genetische Belastung sowie geringe
Gefährdung von Gesundheit und Leben verursachen.
Die zur Energieerzeugung benötigten Rohstoffe sollten umweltverträglich
gewonnen und die verwendeten Materialien umweltschonend hergestellt
und entsorgt werden können.
3. Die (Rest-)energieerzeugung muß ethischen und sozialen
Zielen verpflichtet sein sowie Handelskonflikte und Kriege vermeiden.
Eine zentrale Energieversorgungsstruktur in der Hand weniger großer
Monopolgesellschaften kann dem Kantschen kategorischen Imperativ
("Tue niemandem etwas an, was er/sie dir auch nicht antun soll")
und dem ökologischen Imperativ nach Immler ("Nutze die
Natur so, daß sie sich so schnell regenerieren kann, daß
auch kommenden Generationen die Ressourcen der Natur [saubere Luft,
Wasser, Rohstoffe usw.] zur Verfügung stehen") nicht genügen.
Wer Verfügungsgewalt über Energie hat, hat Macht über
Menschen und übt Gewalt aus gegenüber der Natur.
Energiewirtschaft muß sich daran messen lassen, ob sie sozial
und wirtschaftlich gerecht (im Sinne einer globalen Gerechtigkeit)
ist, ob sie anti-kapitalistisch und anti-monopolistisch organisiert
ist und ob sie durch ihre ökonomische Machtfülle keine
Gefährdung für demokratische Staaten darstellt.
III. Gründe für die Beendigung der Atomstromproduktion
III.1 Historie: Warum werden AKWs zur Stromproduktion eingesetzt?
Die ersten Atomreaktoren wurden während des 2. Weltkriegs
und des anschließenden Kalten Kriegs ausschließlich
zum Bau von Atombomben benötigt. Die klassischen Atomwaffenstaaten
(China, England, Frankreich, Russland, USA) haben dazu eine allein
für militärische Zwecke genutzte Industrie aufgebaut,
um sich bombenfähiges Spaltmaterial zu verschaffen (und Israel):
Reaktoren zur Erzeugung von Plutonium, Wiederaufarbeitungsanlagen,
Urananreicherungsanlagen, Atommülldeponien. Die USA nutzen
sogar ein "ziviles" AKW zur Produktion von Tritium, das
zur Verstärkung der Sprengkraft von Kernspaltwaffen benötigt
wird.
Im Zuge der Wiederaufrüstung der Bundesrepublik in den 50er
Jahren wurden bei Industrie, Politikern und Militärs Begehrlichkeiten
geweckt, ebenfalls über Atomwaffen verfügen zu können
(Atomminister Strauß). Da dies von den Siegermächten
ausdrücklich untersagt war, wurde der (Um-)weg über die
sog. "friedliche" Nutzung der Atomenergie beschritten:
die meisten Anlagen des (angeblichen) Brennstoffkreislaufs zum Betrieb
von AKWs lassen sich nämlich auch für die Gewinnung von
Bombenmaterial einsetzen, so daß sich die Absicht, Atombomben
zu bauen, verschleiern läßt.
Die westdeutschen Energieversorgungsunternehmen (EVUs) waren von
dieser Idee alles andere als begeistert. Ihr Widerstand mußte
von Politik und Industrie (Siemens, AEG) mit der Zusicherung weitreichender
Garantien (auch des Staates) gebrochen werden: Beteiligung an den
Kosten für die geplanten AKWs (Die beiden ersten kommerziell
genutzten AKWs Obrigheim und Stade haben die EVUs praktisch nichts
gekostet.) und an der erforderlichen Infrastruktur (Sicherheitsforschung,
Erkundung und Erforschung von Endlagern, Befreiung von den Folgekosten
im Falle von Katastrophen). Noch heute führt diese Protegierung/Protektion
zu einem Wettbewerbsvorteil für Atomstrom, so daß andere
Energieträger, z. B. Sonne und Wind, zunächst nicht konkurrenzfähig
sind, s. Kap. III.3.
Die Entscheidung für die Atomtechnologie wurde nicht als demokratischer
Prozeß getroffen, an dem die Gesellschaft als Gesamtheit beteiligt
war, sondern von einer kleinen Gruppe des großindustriellen/industrie-militärischen
Komplexes (unterstützt von Politikern), der es um Profit- und
militärpolitische Interessen ging und noch geht.
Da die Energieverbrauchsprognosen auf lange Sicht steil nach oben
wiesen und aufgeschreckt durch die Ölkrisen, investierten die
EVUs bald selbst in AKWs. Die monopolistische Organisation der Elektrizitätswirtschaft
sowie die staatliche Absicherung (auch durch Berufung von (Kommunal-)Politikern
in die Aufsichtsräte der EVUs) und die von Konkurrenz freigehaltenen
Konzessionsgebiete verhießen hohe Profite, ohne eine verstärkte
Abhängigkeit von Erdölimporten eingehen zu müssen,
deren signifikante Verteuerung zu Beginn der 70er Jahre eingesetzt
hatte.
Auch in anderen Staaten wollten sich die Mächtigen die Option
für Nuklearwaffen durch die sog. friedliche Nutzung der Atomenergie
eröffnen. Verwirklicht haben dies die Länder Indien, Pakistan,
Südafrika. Bei einer Reihe von Staaten ist davon auszugehen,
daß parallel zur friedlichen Nutzung ein militärisches
Nuklearprogramm begonnen wurde (Nordvietnam, Argentinien, Brasilien,
Irak, Iran). Die zivile Atomenergienutzung ist seit Anbeginn untrennbar
mit der militärischen verbunden.
III.2 Gefahren durch SuperGAU, Niedrigstrahlung
und fehlende Entsorgung
Unfälle:
Die Unfälle im amerikanischen Atomkraftwerk Harrisburg (1978)
und im russischen Tschernobyl (1986) haben die Ergebnisse der entsprechenden
Risikostudien bestätigt, daß es in den bestehenden Atomkraftwerken,
gleich welcher Konstruktion, zu Kernschmelzunfällen kommen
kann. Dies war trotz der massiven Propaganda von Industrie, Politikern
und der Atomindustrie nahestehender Wissenschaftler zu erwarten,
weil es den "inhärent" sicheren Reaktor nicht gibt,
weil der Mensch beim Bedienen der (Atom-)Technik Fehler macht und
weil das Erfordernis der Wirtschaftlichkeit der Forderung nach absoluter
Sicherheit zuwider läuft. Die sicherheitstechnische Auslegung
der deutschen Atomkraftwerke erfüllt noch nicht einmal den
vom Bundesverfassungsgericht in seiner Kalkar-Entscheidung aus dem
Jahr 1978 formulierten Anspruch, daß nur "Ungewißheiten
jenseits dieser Schwelle praktischer Vernunft" von allen Bürgern
zu tragen sind. Der SuperGAU ist aber Realität.
Auch an der hierzulande vertretenen Behauptung, die deutschen AKWs
seien die sichersten der Welt, ist nichts dran: Schweden und Franzosen
behaupten von ihren Reaktoren gleichfalls, daß sie die weltweit
sichersten sind, wie anders wäre eine Akzeptanz zu erreichen.
Trotz Tschernobyl und Risikostudien: noch heute halten Verwaltungsgerichte
den Betrieb von AKWs für mit dem Grundgesetz vereinbar, weil
schwere AKW-Unfälle "praktisch ausgeschlossen" seien.
Die Richter lassen das Argument, auslegungsüberschreitende
Unfälle hätten Folgen, die einer nationalen Katastrophe
gleich kämen, gar nicht erst zu.
Risikostudien:
Im Gegensatz dazu kam die hoch offizielle Deutsche Risikostudie
Kernkraftwerke - Phase B" im Jahr 1989 zu dem Ergebnis, daß
es in den 19 Reaktoren der BRD innerhalb von 50 Jahren mit der Sicherheit
von 1 % zu einem SuperGAU kommen wird. (Die Chance, im Lotto sechs
Richtige zu tippen, ist dagegen zehnmal geringer, wenn jemand 50
Jahre lang jede Woche sechs Tippreihen ausfüllt.)
Neben dem sog. Niederdruckversagen, das nach ca. 4 Tagen zu einem
Bersten des Sicherheitsbehälters führt und damit zu einer
massiven Freisetzung von Radionukliden, halten die Risikoforscher
zunehmend Unfallabläufe für möglich, die bereits
in wenigen Stunden nach Unfallbeginn zu einer Zerstörung des
Sicherheitsbehälters führen: Dampfexplosion, Wasserstoffexplosion,
Hochdruckkernschmelzen. Eine rechtzeitige Evakuierung in einem so
dicht besiedelten Land wie der Bundesrepublik ist damit unmöglich.
Die (wahrlich nicht atomkritische) Gutachterfirma Prognos veröffentlichte
1992 eine vom Bundesministerium für Wirtschaft in Auftrag gegebene
Zusammenstellung von zu erwartenden Schäden durch einen Kernschmelzunfall
in einem deutschen AKW: Bis 15.000 Soforttote, zwischen 140.000
und 4.8 Mio. Krebstote, bis zu 10 Billionen DM Gesamtschäden
(Das Bruttoinlandsprodukt Deutschlands liegt bei 4 Billionen DM),
100.000 Quadratkilometer langfristig radioaktiv verseuchte Flächen
(Niedersachsen und Schleswig-Holstein zusammen), so daß dort
über Generationen keine Menschen leben können. (Frage:
Wären deutsche Produkte auf dem Weltmarkt absetzbar, wenn sie
radioaktiv sind?)
Zu der Exaktheit von Risikostudien gibt es eine Menge Literatur.
Hier soll nur auf drei Punkte hingewiesen werden, die noch größere
Schäden und häufigere Unfälle befürchten lassen
als in den Studien ausgewiesen:
- |
Seit 1990 schätzt die Internationale
Strahlenschutzkommissione (ICRP) das Risiko, an radioaktiver
Strahlung zu sterben, viermal höher ein als zuvor. (Schon
mehrfach in der Vergangenheit hat die ICRP das Risiko höher
bewerten müssen.) |
- |
In die Unfallfolgenberechnung gehen
physikalische und biologische Größen ein, deren Werte
von "ExpertInnen" geschätzt wurden, i. d. Regel
so, daß die Auswirkungen unterschätzt werden. |
- |
Die Alterung der Atomanlagen und
der Risikofaktor Mensch (Bedienungsfehler, Sabotage, kriegerische
Einwirkungen, zunehmender Mangel an qualifizierten Atomtechnikern)
wurden bei der Ermittlung der Eintrittswahrscheinlichkeit von
Unfällen nicht berücksichtigt. Der Konkurrenzdruck
durch die Liberalisierung des Strommarktes wird zu weiteren
Einbußen beim Sicherheitsniveau führen. |
Auch bei Atommülltransporten sind Unfälle mit großräumiger
radioaktiver Verseuchung nicht auszuschließen.
Niedrigstrahlung und Normalbetrieb:
Jedes Jahr sterben in Deutschland ca. 10.000 Menschen durch natürliche
Radioaktivität. Es ist derzeit unstrittig, daß es eine
Schwellendosis nicht gibt, d. h. selbst kleinste Strahlendosen führen
zu Gesundheitsschäden: Leukämie- und Krebserkrankungen,
Fehl- und Mißbildungen, genetische Defekte. Möglicherweise
hat Niedrigstrahlung das weltweit auffälligste Leukämiecluster
südlich des AKW Krümmel verursacht.
Die hohen Schornsteine der AKWs sollen die auch im Normalbetrieb
abgegebene Radioaktivität möglichst weiträumig verteilen,
damit es nicht zu einer regional nachweisbaren Kontamination kommt.
Radioaktive Abwässer werden in Fließgewässer eingeleitet.
Wer sich aus dem eigenen Garten oder von Produkten ernährt,
die in der näheren Region um die Atomanlage herum angebaut
werden, trägt ein zusätzliches Strahlenrisiko.
Die Strahlenempfindlichkeit von Einzelpersonen ist unterschiedlich:
erblich bedingt, während einer Krankheit, mit zunehmendem Alter,
im Mutterleib und als Kleinkind. Dennoch wurde bei der Festlegung
der Grenzwerte in der Strahlenschutzverordnung ein gesunder, 20
bis 40-jähriger Mann, der sich "normal" ernährt,
als "Referenzperson" ausgewählt.
Entsorgung:
Die ungelöste Entsorgung ist offensichtlich. Es gibt weltweit
kein Endlager. Die Wiederaufarbeitung und Zwischenlagerung sowie
Atommülltransporte zwischen den Atomanlagen sollen den Weiterbetrieb
für Jahrzehnte absichern, ohne daß die EVUs am Atommüll
ersticken. Die derzeit betriebene Änderung der EURATOM-Gesetzgebung
hat zum Ziel, die Mengen an radioaktivem Abfall dadurch zu verringern,
daß die Grenzwerte angehoben werden, so daß höher
radioaktiv verseuchtes Material als bisher aus der atomrechtlichen
Überwachung entlassen werden kann, d. h. dem Wirtschaftskreislauf
("Pfannen und Löffel") zugeführt wird.
Welche Kosten die Entsorgung letztlich verursacht ist kaum abschätzbar.
Das Bundesumweltministerium erklärte im August 1999 das bisherige
Entsorgungskonzept für inhaltlich gescheitert; es habe keine
sachliche Grundlage mehr. Welche Würstchenbude dürfte
ohne Abfallentsorgungsnachweis weiter betrieben werden?
Umweltschäden:
Um "sauberen" Atomstrom produzieren zu können, fallen
entlang des Brennstoffkreislaufs Unmengen radioaktiver Abfälle
an: bei der Uranförderung, der yello-cake Produktion, der Anreicherung,
bei der Brennelementfertigung, im AKW als wärme- und nicht
wärme- entwickelnde feste, flüssige und gasförmige
Abfälle, bei der Wiederaufarbeitung, in den Zwischenlagern,
bei Transporten, bei der Fertigung von Plutonium-Mischoxid-Brennelementen.
Wer die Atomenergie als "sauber" preist, läßt
neben der Strahlenbelastung vor Ort außer acht, daß
das Uran meist dort gefördert wird, wo Ureinwohner leben, die
sich am wenigsten gegen die radioaktive Verseuchung wehren können,
weil sie keine Macht haben, die andererseits aber am schwersten
betroffen sind, weil sie mit und von der Natur leben.
Auch Atomstrom ist nicht ganz CO²-frei (ca. 50 Gramm/kWh gegenüber
knapp 600 Gramm/kWh beim Einsatz von Gas).
III.3 Blockade zukunftsfähiger
Energiepolitik durch Atomstrom
Als Argumente für die Atomstromproduktion werden genannt:
1. AKWs verhindern die Klimakatastrophe.
Daß Atomstrom das Klima rettet, ist ein vordergründiges
Argument. Alle Klima-Studien belegen, daß ein Festhalten an
der Atomenergienutzung verbunden ist mit einem wachsenden Energieverbrauch:
die angebotsorientierte Atomstromproduktion behindert die rationelle
Energieverwendung. Zwar würde bei einem Sofortausstieg der
CO²-Ausstoß kurzfristig ansteigen, er würde aber
schnell durch die einsetzende Innovation (intelligente Energienutzung,
Kraft-Wärmekopplung, Innovation in Energiespartechnologie,
passive und aktive Solarenergienutzung usw.) wieder sinken.
Die Behauptung, AKWs würden die Klimakatastrophe verhindern,
wurde übrigens nach dem SuperGAU im AKW Tschernobyl von der
Deutschen Physikalischen Gesellschaft erfunden, in der die Konzernchefs
von Siemens, AEG usw. vertreten waren. Es ist auch objektiv falsch:
Wir benötigen Energie nicht nur in Form von Elektrizität
sondern auch als Wärme und zur Mobilität. Da die Produktion
von Strom in Kraftwärmekopplung die anfallende Abwärme
nutzt, ist der Ausstoß an klimaschädigenden Gasen bei
Kraftwärmekopplung geringer als z. B. durch einen Mix aus Atomstrom
plus Ölheizung. Die Klimabilanz wird für Atomstrom noch
ungünstiger, wenn Reststoffe und Energiepflanzen sowie regenerative
Energien genutzt werden.
AKWs binden erhebliche Kapitalmengen. Würde statt dessen in
Einspartechnologien investiert, könnte beim gleichen Kapitaleinsatz
sieben mal mehr CO2 eingespart werden als mit Atomstrom (Studie
"Zukunftsfähiges Deutschland").
2. AKWs liefern billigen Strom und verschaffen der deutschen
Wirtschaft dadurch Wettbewerbsvorteile gegenüber der ausländischen
Konkurrenz.
AKWs deckten in 1998 knapp 6% des weltweiten Energieverbrauchs.
Holz lag mit 12 % erheblich darüber. Derzeit ist Atomenergie
als Wärmelieferant wegen fehlender Akzeptanz und Wirtschaftlichkeit
kaum durchsetzbar. Ausnahmen stellen z. B. die frühere Fernwärmeversorgung
von Greifswald und die Salzförderung durch Dow Chemical in
Stade dar (Name des Tafelsalzes: Salzina).
Der Bau und Betrieb von AKWs in Krisenregionen verbietet sich eigentlich
von selbst. Darüber hinaus ist der Export von Atomkraftwerken
in die 3. Welt im Vergleich zu dezentralen Energietechnologien unmöglich,
weil leistungsfähige Überlandnetze nicht verfügbar
sind.
Atomkraftwerke erfordern wegen ihrer großen Blockgröße
auch große Reservekraftwerkskapazitäten, was sich wirtschaftlich
ungünstig auswirkt.
AKWs liefern deshalb preiswerten Strom, weil sie mit wettbewerbsverzerrenden
Privilegien ausgestattet sind:
- |
Die Forschung und Anlagenentwicklung wurde weitgehend
von der öffentlichen Hand bezahlt. |
- |
Die steuerfreien Entsorgungsrückstellungen
wurden sehr großzügig bemessen, sie belaufen sich
derzeit auf 72 Mrd. DM und werden von den EVUs zur Innenfinanzierung
( u. a. zur Investition in Telekommunikation, Abfallentsorgungsanlagen,
Wasserversorgung) eingesetzt. |
- |
Die laut Atomgesetz nachzuweisende Deckungsvorsorge
ist lächerlich gering im Vergleich zur tatsächlichen
Schadenshöhe. |
- |
Der Uranbrennstoff kann steuerfrei eingekauft
werden. |
3. AKWs schaffen Arbeitsplätze.
Von der Atomwirtschaft gehen nur geringe Beschäftigungsimpulse
aus. In der deutschen Atomenergiewirtschaft einschließlich
Zulieferer sind nur ca. 50.000 Menschen beschäftigt. Allein
durch die noch junge Windenergienutzung wurden bereits mehr als
15.000 Arbeitsplätze in der BRD geschaffen. Allein aufgrund
der nicht marktgerechten Versicherungsprämien ist ein Arbeitsplatz
in der Atomindustrie höher subventioniert als in der Windkraftbranche.
Die weitere Nutzung der Atomkraft (Überangebot an Elektrizität
und Kapitalbindung) blockiert den Einstieg in eine zukunftsfähige
Energieversorgung mit großem Beschäftigungspotential
(nach Studien renommierter Gutachter ist von ca. 200.000 zusätzlichen
Arbeitsplätzen auszugehen). Die Wertschöpfung durch AKWs
ist geringer als z.B. durch die deutsche Möbelindustrie.
Fazit: Alle drei Argumente sind also kaum haltbar. Von einer Energiewende
gehen wesentlich positivere Auswirkungen aus.
III.4 Bedrohung gesellschaftlicher Errungenschaften
durch die Atomenergienutzung
Die Atomtechnologie greift wie ein Krake in fast alle Bereiche
des menschlichen Zusammenlebens ein. Sie hat bereits in der Vergangenheit
zu weitreichenden politischen, gesellschaftlichen und kulturellen
Veränderungen in den Staaten geführt, die AKWs betreiben:Technologiegläubigkeit
(nie wieder Stromzähler), Wachstumsfetischismus, zwanghaftes
Konsumverhalten; die ausdrückliche Weigerung der verfassungsrechtlichen
Staatsorgane (Regierung, Parlament und Gerichtsbarkeit), sich mit
den naturwissenschaftlichen Sachverhalten der Atomtechnik auseinanderzusetzen,
und statt dessen die Verantwortung auf sogenannte (Atom-)ExpertInnen
abzuschieben, die nur zu oft als Projektlobbyisten zu bezeichnen
sind denn als kritisch hinterfragende Wissenschaftler.
Ein Ende der Deformation der Gesellschaft durch die Befürworter
der Atomtechnologie ist nicht absehbar. Daher die folgenden Ausführungen:
1. Bedrohung durch Welthandelskonflikte und kriegerische Auseinandersetzungen
Die horizontale und vertikale Proliferation lassen sich trotz internationaler
Abmachungen und Kontrollen letztlich nicht unterbinden. Hinzu kommt,
daß sich die meisten nukleartechnischen Industrieanlagen für
zivile und militärische Zwecke nutzen lassen. Besonders die
Wiederaufarbeitung bestrahlter Brennelemente liefert Plutonium,
das ebenso für die Fertigung von Atombomben verwendet werden
kann wie das ausdrücklich für militärische Zwecke
erbrütete Pu. Darum stellt die Internationale Atomenergiebehörde
eine Menge von 8 kg Reaktorplutonium unter die gleichen Sicherheitsanforderungen
wie spezielles Waffen-Pu.
Atomkraftwerke liefern Spaltmaterial, das für militärische
und erpresserische Zwecke abgezweigt werden kann (staatlich gewollt
oder von kriminellen Banden). Die Kernmaterialüberwachung in
einer WAA kann den Verlust von bis zu 40 kg pro Jahr nicht entdecken.
Damit kann die Ernsthaftigkeit terroristischer Drohungen, über
Plutonium zu verfügen, nicht ausreichend sicher ausgeschlossen
werden.
Atomanlagen sind besonders gefährdete Ziele in kriegerischen
Auseinandersetzungen Beschuß des irakischen AKW Osirag durch
die Israelis im Jahr 1981) und Objekte terroristischer Angriffe.
Die Zerstörung eines AKW steht in ihren Umweltauswirkungen
einer Atombombenexplosion in nichts nach. Die Folgen eines Atomkriegs
werden prägnant mit "Nuklearem Winter" beschrieben.
Abgereichertes Uran wird zur Stabilisierung in Flugzeugen und in
panzerbrechender Munition verwendet (Golfkrieg, Kosovo). Durch die
Erhitzung beim Aufprall verteilt es sich fein über die Landschaft
und kann in das Lungengewebe eindringen.
Atomtechnologie unterliegt (wie andere Wirtschaftszweige auch)
der Verfügungsgewalt monopolistischer Unternehmen, da sie kapitalintensiv
und zentralistisch ist. Wesen der global agierenden Konzerne ist
ihr Konkurrenzkampf; der schwächere muß weichen. Die
Konzentration wirtschaftlicher Macht bei wenigen global playern
stellt eine Gefahr für die Welthandelsbeziehungen dar.
Dies gilt insbesondere für die auf Regionalität und noch
weitgehend auf ein Wirtschaften in Kreisläufen ausgerichtete
Wirtschaftsstruktur industriell wenig entwickelter Staaten und Völker.
Nicht nur, daß deren Ressourcen geplündert werden. Die
Vergütung wird von den Konzernen diktiert und ist entsprechend
ungerecht. Die Schere zwischen armen und reichen Ländern öffnet
sich bei diesen Machtverhältnissen immer weiter; denn mit der
Aneignung der Rohstoffe steigt der Wohlstand in den "entwickelten"
Staaten (und bei den Herrschaftscliquen in den "Ländern
der 3. Welt"). Mit dem realisierten Profit wird die technologische
Entwicklung weiter vorangetrieben, um für die Zeit gerüstet
zu sein, in der die Ressourcen aufgebraucht sein werden.
Die kapitalistische Wirtschaftsweise führt darüber hinaus
dazu, daß den Menschen der 3. Welt der "westliche way
of life" übergestülpt wird.
2. Gefahren für die innere Sicherheit
Das Betreiben von Atomanlagen führt wegen ihres großen
Gefahrenpotentials zu einer Destabilisierung und Erpreßbarkeit
von Staaten durch terroristische Angriffe, Sabotageakte und Anschläge
durch das Betriebspersonal. Als Reaktion darauf hat der Staat seinen
Repressionsapparat aufgerüstet und die Überwachung der
Beschäftigten und Anwohner intensiviert. Um mit dem Widerstand
in der Bevölkerung gegen Atomanlagen fertig zu werden (z. B.
Demos), hat er Bundesgrenzschutz und Bereitschaftspolizei aufgestockt.
Auf Betreiben der Atomlobby sind eine Reihe von Gesetzen (Atomgesetz,
Strahlenschutzvorsorgegesetz) und Verordnungen (RöntgenVO,
StrahlenschutzVO, VerwaltungsgerichtsverfahrensVO, Bestimmungen
zur Klagebefugnis) erst verabschiedet bzw. geändert worden,
um die Nutzung der Atomenergie zu ermöglichen bzw. zu erleichtern.
Dadurch hat sich die Ausgestaltung der Demokratie unterhalb des
Grundgesetzes drastisch verändert. Von Robert Jungk wurde dafür
der Begriff "Atomstaat" geprägt. Das Nutzen einer
derart die Gesellschaft beherrschenden Energie wie sie die Atomenergie
darstellt, ist mit der Demokratie schwer verträglich, in der
die Teilnehmer eigentlich gleichrangig Einfluß nehmen können
sollten. Die Atommaffia (besonders offensichtlich in Frankreich)
hat mittlerweile derart viel Einfluß gewonnen, daß sie
sich zu einem Staat im Staate entwickelt hat.
Ein weiteres Argument: Die innere Sicherheit kann durch den Schmuggel
und Handel mit radioaktiven Materialien beeinträchtigt werden.
3. Abbau von BürgerInnen- und Menschenrechten
Das Grundgesetz und die von den meisten Staaten formulierten Grund-
und Menschenrechte, wie Freizügigkeit , Selbstbestimmung, Selbstverwirklichung
in Freiheit usw., mußten in den Staaten, die Atomenergie nutzen,
erheblich eingeschränkt werden. Dadurch sollte die Atomtechnologie
beherrschbar, vor Störungen von außen abgesichert und
der Atomstrom überhaupt verkaufbar werden.
Folge war ein Abbau demokratischer Grundrechte u. a. durch Überwachung
von AnwohnerInnen und DemonstrantInnen, bis hin zur Erstellung von
Bewegungsprofilen. Aktive aus der Anti-AKW-Bewegung berichten von
monatelanger Bespitzelung, Telefonüberwachung, nächtlicher
Ausleuchtung von Haus und Grund usw. Die Einschränkung des
Demonstrationsrechts und z. T. auch die Verabschiedung der Notstandsgesetze
schränkten individuelle Rechte ein, um die Entscheidung für
die Atomenergienutzung gegen große Teile der Bevölkerung
zu verteidigen.
Die mittlerweile fast vollständige Abhängigkeit von leitungsgebundener
Energie fördert die Unselbständigkeit breiter Bevölkerungsschichten
und damit auch ein Gefühl der Ohnmacht, so daß auch Engagement
und Partizipation am gesellschaftlichen Diskurs innerhalb der Demokratie
als zunehmend aussichtslos eingeschätzt und folglich unterlassen
werden. Diese Enthaltsamkeit, sich in die Politik einzumischen,
stellt eine schwere Belastung für die Demokratie dar.
Die Auseinandersetzungen um die Atomenergie haben bei großen
Teilen zweier Generationen in der BRD zu einem großen Mißtrauen
gegenüber dem Staat geführt. Der Polizei kommt dabei die
Aufgabe zu, die nicht mehr konsensfähige Entscheidung für
AKWs auf der Straße durchsetzen. Bei Unfällen ist vorgesehen,
auch die Bundeswehr gegen die Bevölkerung einzusetzen.
Die mangelnde Kennzeichnungspflicht für radioaktives Material
führt dazu, daß die Bevölkerung meist ohne ihr Wissen
mit radioaktiven Materialien (Metallwaren wie Bratpfannen usw.)
und Nahrungsmittel (je nach Herkunft) bis zu den "Vorsorgegrenzwerten"
in Berührung kommt. Durch die fehlende Kennzeichnung wird das
Recht auf Selbstbestimmung unterlaufen.
4. Solidarisches und soziales Verhalten werden erschwert
Als kapitalintensive und zentralistische Großtechnologie kann
die Atomtechnologie wenig Rücksicht auf individuelle Befindlichkeiten
nehmen. Sie begünstigt Konkurrenzverhalten, und ihre Nutznießer
verschaffen sich Vorteile zu Lasten anderer.
Das Atomgesetz und die ihm nachgeordneten Richtlinien unterscheiden
nicht zwischen strahlenempfindlichen und weniger strahlenempfindlichen
Erwachsenen (schwangere Frauen, Kranke und Alte sind besonders gefährdet).
Wer sich aus dem eigenen Garten oder von Produkten, die in der näheren
Region um die Atomanlage herum angebaut werden, ernährt, trägt
ein zusätzliches Strahlenrisiko. Wer die Atomenergie als "sauber"
preist, läßt neben der Strahlenbelastung vor Ort außer
acht, daß das Uran meist dort gefördert wird, wo Ureinwohner
leben, die sich am wenigsten gegen die radioaktive Verseuchung wehren
können, weil sie keine Macht haben, die andererseits aber am
schwersten betroffen sind, weil sie mit und von der Natur leben.
Atomanlagen wurden ausdrücklich in dünn besiedelten Regionen
errichtet, weil die schon im Normalbetrieb zu erwartende Strahlenbelastung
möglichst wenige Personen treffen sollte. So haben Dörfer
die Hauptstrahlenlast zu tragen, obwohl der Strom hauptsächlich
in den Ballungsgebieten verbraucht wird.
Die Ansiedlung von Atomanlagen hat zu Zwietracht zwischen der Gemeinden,
innerhalb der Dorfgemeinschaften und so manches Mal auch innerhalb
von Familien geführt. Diejenigen, die sich arrangierten, hatten
Vorteile gegenüber denjenigen, die auf ihrer ablehnenden Haltung
beharrten. Das ging von der Gewerbesteuer, über Aufträge
an Firmen, Beschäftigung in der Anlage bis hin zur Unterstützung
beim Häuslebau.
Die Wiederaufarbeitung zur Gewinnung des in den BE enthaltenen
Plutoniums erfolgt in Anlagen, die mit dem Arbeitsplatzargument
in strukturschwachen Regionen errichtet werden konnten.
Der anfallende Atommüll (abgebrannte BE, verbrauchte Filter
usw.) wird bisher zum großen Teil ins Ausland verschoben.
Es ist zu befürchten, daß wiederum diejenigen Länder
die Lasten werden zu tragen haben, die bereits in der Vergangenheit
durch die Industrialisierung der Länder des Nordens nachteilig
betroffen waren und sich am wenigsten gegen die Ausbeutung ihres
Landes wehren können.
Weiter machen die Statistiken der Atomindustrie deutlich, daß
nicht dem (gut bezahlten, qualifizierten) Stammpersonal in den AKWs
die hauptsächliche Strahlenbelastung aufgebürdet wird,
sondern den sozial schwachen und wenig verdienenden Arbeitnehmern
in den Putzkolonnen und Firmen, die die Revisionen durchführen.
(In La Hague mußten französische Kadetten Dienst tun.
In Tschernobyl waren es ebenfalls Armeeangehörige, die zu den
Aufräumarbeiten abkommandiert wurden.)
Die heutige Generation verschafft sich (billigen?) Atomstrom auf
Kosten kommender Generationen, denn die Halbwertszeiten der für
die Gesundheit besonders kritischen Nuklide sind lang (schon für
das vergleichsweise kurzlebige Plutonium 239 beträgt sie ca.
700 Generationen).
Ob Endlager überhaupt in der Lage sein werden, die radioaktiven
Stoffe über Jahrmillionen von der Biosphäre fernzuhalten,
kann wohl kaum mit Sicherheit vorhergesagt werden.
Der Generationenvertrag wird also offensichtlich verletzt. Die Kindeskinder
müssen sich mit dem Atommüll ihrer Vorfahren herumplagen.
So betrachtet ist Atomtechnik irreversibel.
Die Atomtechnologie schränkt sogar das Streikrecht ein; denn
Atomanlagen können nicht einfach abgeschaltet werden.
Forschungsgelder werden bis auf den heutigen Tag in erheblichem
Umfang für Probleme ausgegeben, die durch die Nutzung der Atomtechnologie
erst geschaffen wurden. Sie standen und stehen somit nicht für
die Entwicklung naturgemäßer Energiegewinnungstechnologien
zur Verfügung.
Auf weitere Privilegien für die Atomtechnologie zu Lasten der
Mitbewerber haben wir an anderer Stelle schon hingewiesen.
IV. Ergebnis: Der Sofortausstieg ist überfällig
Wir haben die Gründe benannt, die den Sofortausstieg als einzig
folgerichtige Konsequenz zur Beendigung der Atomstromproduktion
erscheinen lassen. Auch die dringend erforderliche Energiewende
ist bei einem Sofortausstieg am ehesten zu schaffen. Allein durch
den Sofortausstieg wird die Gefahr von Kernschmelzunfällen
beseitigt, die weitere Produktion von Atommüll beendigt, die
Uranförderung bei indigenen Völkern gestoppt, und die
Möglichkeiten der Proliferation verringert.
Eine zukunftsfähige Energieversorgung kann nur auf der Anwendung
natur-, umwelt- und ressourcenschondender Verfahren beruhen. Die
Energiewirtschaft darf ausschließlichen Profitinteressen nicht
überlassen werden. Sie muß ihren Beitrag leisten zu einer
nachhaltigen (sozial, gleichberechtigt, ... ) Entwicklung unter
Beachtung der Bedürfnisse und Möglichkeiten aller Länder
bzw. Völker auf der Erde, und sie darf kommende Generationen
nicht die Zeche zahlen lassen.
Karsten Hinrichsen, Brokdorf und Heiko Ziggel, Bremen |