Wilstersche Zeitung
28.12.1992
Seit sechs Jahren monatliche Mahnwache vor den
Toren des Kernkraftwerks Brokdorf
Pastor Dr. Wilhelm Wille richtet Schreiben an die Mitarbeiter
des Kraftwerks / jeweils am 6. jeden Monats in Brokdorf
Brokdorf: Um die Demonstrationen gegen das Kernkraftwerk Brokdorf
ist es still geworden. Tatsächlich finden sie immer noch einmal
im Monat jeweils am 6. statt - und das inzwischen ohne Unterbrechung
seit sechs Jahren. Dieses Foto entstand am 6. November, als sich
- wie in jedem Monat - ein kleines Häuflein von Atomkraftgegnern
vor dem - mittlerweile unverschlossenen - Werktor versammelten.
Mit dabei war auch Pastor Wilhelm Wille aus Borsfleth, der es in
Brokdorf mittlerweile "nicht mehr so idyllisch" wie vor
Ansiedlung des Kraftwerks findet. In einem Brief an die "lieben
Mitmenschen im AKW Brokdorf" schreibt Pastor Wille: "Seit
einigen Jahren nehme ich an den Gottesdiensten vor dem AKW Brokdorf
teil. Mit den anderen und für die anderen möchte ich zum
Ausdruck bringen - und dabei hilft mir die Erinnerung, daß
Gott uns für seine Schöpfung verantwortlich gemacht hat:
Unsere Gesellschaft kann es gar nicht verantworten, Sie unter den
Risiken, die Sie und ich kennen, Strom produzieren zu lassen. Ich
möchte aber auch meine Hoffnung bezeugen, daß wir gemeinsame
Wege aus der Gefahr finden können - gerade mit Ihnen, die Sie
mit gemischten Gefühlen im AKW arbeiten. Wer betet, glaubt
nicht an ein Schicksal, das ihn zwingt, sich selbst, seine Kinder
und seine Enkel mit genehmigten Emissionen, Super-GAU und Bergen
von Atommüll zu ruinieren. Ich hoffe vielmehr darauf, daß
der Gott des Lebens uns Möglichkeiten schaffen will, so zu
produzieren und zu wirtschaften, daß noch die Enkel unserer
Enkel gerne auf dieser schönen Erde leben mögen." |