E w i g s t r a h l t d
e r M ü l l
Bei der geplanten Endlagerung radioaktiver Abfälle wird in
Zeiträumen von tausenden, zehntausenden, hunderttausenden Jahren
gerechnet: Das von den Betreibern erstellte Langzeitsicherheitskonzept
sagt aus, daß radioaktive Teilchen aus dem Endlager erst nach
300.000 Jahren mit der Biosphäre in Kontakt kommen können.
Andere Erhebungen kommen zur Vorgabe von 1.1000.000 Jahren. Das
ist sehr unanschaulich und es ist schwierig, sich die Dimensionen,
um die es geht, klar zu machen: vor 50 Jahren begann der zweite
Weltkrieg, vor 200 Jahren fand die französische Revolution
statt ? zwischen diesen Ereignissen und uns heute liegen Welten.
Christen erinnern sich: vor 2000 Jahren wurde Jesus Christus geboren,
vor 3000 Jahren befreite Gott sein Volk aus Ägypten ... und
für hundert mal diesen Zeitraum ? 300 000 Jahre ? werden sichere
Aussagen über das Endlager gemacht ...
Geologische Prognosen für solche Zeiträume unterliegen
einer hohen Fehlerwahrscheinlichkeit. Die Aussagen zur Langzeitsicherzeit
eines Endlagers hingegen geben vor, in hohem Maße präzise
und fehlerfrei zu sein.
Mit dem strahlenden Müll, den er produziert, greift der Mensch
in bisher ungekannter Weise in die Zukunft aus und überschreitet
seine eigenen zeitlichen Grenzen in völlig neuer Weise: Für
einen nur 2 Generationen langen Nutzen aus der Atomenergie wird
eine zwanzigtausend Generationen lang erforderliche Müllbewachung
und ?verwahrung verfügt, die nicht mehr umkehrbar ist. Während
jedes Lebewesen der Erdgeschichte verwesen darf, entzieht sich unser
Atommüll dem Vergessen durch die Geschichte: er verrottet nach
menschlichen Maßstäben auf ewig nicht, über ihn
wächst so schnell kein Gras, darf es nicht. Seine Entsorgung
wird zur ewigen Sorge. Für Zeiträume wie sie hier zur
Diskussion stehen, kann und darf keine Verantwortung übernommen
werden.
F e h 1 e r f r e i s e i d
e r M e n s c h
Die Fehlbarkeit des Menschen wird im Umgang mit der Atomenergie
bagatellisiert und unausgesprochen geleugnet, denn Sicherheit im
atomaren Zeitalter hat das perfekte Funktionieren von Mensch und
Technik zur Voraussetzung. Zum Menschen, seiner Lernfähigkeit
und seinem zivilisatorischen Fortschritt gehört jedoch wesentlich,
daß er fehlbar ist und fehlbar sein darf. Das Lernen aus Erfahrung
und die Weitergabe von Erfahrungen im Zusammenleben von Generationen
sind Grundvoraussetzungen menschlichen Lebens und seiner Entwicklungsfähigkeit.
Der Zwang fehlerfrei zu sein und arbeiten zu müssen, überfordert
den Menschen, ist zutiefst unmenschlich und menschenfeindlich. Dem
Menschen und seiner Fehlerhaftigkeit entspricht eine fehlerfreundliche
Technologie, die nicht auf Jahrhunderttausende unveränderbare
Tatsachen schafft, welche ? selbst wenn sie noch durch unsere Generation
als Fehler begriffen werden ? nicht mehr korrigierbar sind.
(Auszug aus einer Stellungnahme: Das NEIN der Christen zur Atomkraft,Braunschweig
1989) |