Schleibote, 26.06.1999
Bundesverwaltungsgericht beendete 13jährigen
Rechtsstreit
Der Kampf gegen Brokdorf ist zu Ende
Der 13jährige Rechtsstreit um das Atomkraftwerk Brokdorf ist
beendet. Das Berliner Bundesverwaltungsgericht hat die Klage des
Brokdorfer Karsten Hinrichsen gegen den Betrieb des Kraftwerkes
endgültig abgewiesen,
Hinrichsen ist enttäuscht, gleichzeitig aber auch über
das Ende erleichtert.
BROKDORF/BERLIN
(Ino)
Das Berliner Bundesverwaltungsgericht hat die Klage gegen den Betrieb
des Kernkraftwerkes Brokdorf (Kreis Steinburg) endgültig abgewiesen.
Das Gericht könne der Beschwerde des Klägers keine Gründe
entnehmen, die die Zulassung einer Revision rechtfertigen, heißt
es in einer Mitteilung von gestern. Der Brokdorfer Meteorologe Karsten
Hinrichsen, der die zweite Teilbetriebsgenehmigung des seit 1987
betriebenen Kernkraftwerkes seit 13 Jahren beklagt, hatte das Bundesgericht
angerufen, weil das Schleswiger Oberverwaltungsgericht seine Revision
gegen ihr ablehnendes Urteil vom 19. Juni 98 nicht zugelassen hatte.
Hinrichsen befürchtet eine gesundheitschädigende Strahlenbelastung
aus dem Betrieb des Kernkraftwerkes.
Die Schleswiger Richter hatten im Verfahren im Juni 1998 einen
großen Teil seiner Einwendungen gegen die Dauerbetriebsgenehnigung
ausgeschlossen, weil sie vorausgegangene Teilgenehmigungen beträfen,
die alle einzeln hätten beklagt werden müssen. Hinrichsen
hatte gegen dieses Urteil, für das das Schleswiger Gericht
keine Revision zugelassen hatte, Beschwerde beim Berliner Bundesgericht
eingelegt, weil er "grundsätzliche Bürgerrechte verletzt"
sah: Bürger müßten trotz der in der Hochtechnologie
heute üblichen oft jahrelangen Genehmigungsverfahren die Chance
haben, daß ihre inhaltlichen Einwände vor Gericht geprüft
werden können. Es sei rechtlich unzumutbar, daß Anwohner
alle Teilgenehmigungen eines Verfahrens beklagen müssen, um
die Gefahr zu vermeiden, bei späteren Genehmigungen nicht mehr
klagebefugt zu sein, kritisierte Hinrichsen.
Das Urteil sei zwar bitter, aber persönlich sei er froh und
erleichtert über das Ende. Er habe als Kläger alles getan,
um die Gefahr durch Atomkraftwerke zu verhindern, sagte er gegenüber
unserer Zeitung. "Ich muß mir keinen Vorwurf machen."
Außerdem habe er durch den Prozeß viel über Demokratie,
Wirtschaftsmacht, Freundschaft und Verlogenheit gelernt. Trügerisch
habe sich die Hoffnung erwiesen, daß sich durch eine rotgrüne
Landes- und Bundesregierung das gesellschaftliche Klima zu Gunsten
der Atomkraftgegner geändert habe. Bei einem anderen Klima
würden Verwaltungsrichter mutiger entscheiden, glaubt Hinrichsen.
Der Prozeß über 13 Jahre habe nicht nur die Psyche belastet,
sondern auch viel Geld gekostet. Nach seinen Angaben mußten
100 000 Mark aufgebracht werden. 30 000 Mark zahlte er, der Rest
kam durch Spenden zusammen.
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