Aufruf der "Unterstützungsgruppe
Brokdorf-Klage"
zum erneuten Prozeßbeginn vor dem OVG Schleswig 1998
Prozeß um die Betriebsgenehmigung
für das AKW Brokdorf
Seit fast zwölf Jahren führt Karsten Hinrichsen aus Brokdorf
einen Prozeß gegen die schleswig-holsteinische Landesregierung,
weil sie 1986 die Betriebsgenehmigung für das AKW Brokdorf
erteilte (CDU) bzw. diese Genehmigung vor Gericht verteidigt (SPD
und SPD/Grüne). Brokdorf ging sechs Monate nach der Reaktorkatastrophe
von Tschernobyl ans Netz. Bis heute wird das AKW Brokdorf ohne bestandskräftige
Genehmigung betrieben, weil aber die Klage trotz vieler Gerichtsverhandlungen
bisher kein abschließendes Urteil gefällt werden konnte.
Die Klage richtet sich gegen den Einsatz von Plutonium als Brennstoff,
gegen die radioaktive Verseuchung der Lebensmittel mit Nukliden,
die beim Betrieb freigesetzt werden, gegen Krankheiten und Erbschäden,
die schon durch den Normalbetrieb" entstehen können, gegen
den Verzicht auf eine Reihe von Sicherheitseinrichtungen, die ursprünglich
im AKW Brokdorf vorgesehen waren, und gegen die Gefährdung
durch Unfälle.
Das AKW Brokdorf darf jährlich über den Schornstein
an die Luft abgeben:
1000 000 000 000 000 |
Bequerel radioaktive Gase |
60 000 000 000 |
Bequerel radioaktives Jod |
10 000 000 000 |
Bequerel radioaktive Stäube |
(Darin sind enthalten Caesium,
Strontium Plutonium) |
In die Elbe darf das AKW Brokdorf mit dem Kühlwasser pro Jahr
einleiten:
35 000 000 000 000 |
Bequerel radioaktives Wasser |
50 000 000 000 |
Bequerel radioaktive Stoffe anderer Art |
(1 Bequerel bedeutet den Zerfall eines Atoms
pro Sekunde bei gleichzeitiger Abgabe radioaktiver Strahlung, die
zu Krebs und Erbschäden führt.)
Diese hohen Abgaben wurden dem AKW gestattet, damit es auch nach
Störfällen weiter betrieben werden kann.
Vor zwanzig Jahren hatte das Bundesverfassungsgericht in seinem
Urteil zum Schnellen Brüter in Kalkar entschieden, daß
ein SuperGAU nach praktischer Vernunft unwahrscheinlich ist, und
deshalb von jedermann/frau als sog. Restrisiko hinzunehmen sei.
Diese Rechtsprechung will der Kläger kippen, weil Tschernobyl
und die offizielle Deutsche Risikostudie Kernkraftwerke gezeigt
haben, daß schwere Unfälle möglich sind. Auch im
AKW Brokdorf kann jederzeit ein SuperGAU passieren.
Es ist klar, daß die Brokdorf-Klage nur Erfolg haben kann,
wenn viele Menschen dahinter stehen. Deshalb haben wir uns zur Unterstützungsgruppe
Brokdorf-Klage zusammengeschlossen. Wir sind Menschen aus der Nachbarschaft
der AKWs Brokdorf, Brunsbüttel und Stade.
Wir sind nicht so naiv zu glauben, daß ein Prozeß die
Atomlobby in die Knie zwingt. Aber als eine Möglichkeit, Widerstand
zu leisten, damit unseren Kindern das Schicksal der Kinder von Tschernobyl
erspart bleibt, finden wir diesen Prozeß wichtig.
Wir wollen, daß endlich Schluß ist mit der Atomenergienutzung;
denn selbst Niedrigstrahlung erzeugt Leukämie: um das AKW Krümmel
herum sind schon 11 Kinder erkrankt bzw. gestorben. Wir brauchen
die AKWs nicht: durch Energiesparen und das Nutzen von Sonne, Wind,
Wasserkraft und Biomasse steht genügend Energie zur Verfügung.
Wir dürfen auch nicht außer Acht lassen, daß zum
Betrieb eines AKW auch der umweltbelastende Abbau von Uran gehört,
Atom(müll)transporte, Wiederaufarbeitung, Zwischenlager und
irgendwann einmal Endlager.
Die Menschenverachtung der politisch Verantwortlichen, die mit
brutalen Polizeieinsätzen die Interessen einiger auf Profit
ausgerichteter Stromkonzerne durchsetzen, zieht sich wie ein roter
Faden von der Bauplatzbesetzung am 25.10.1976, über die Brokdorfer
Großdemonstrationen am 28.2.1981 und am 7.6.1986 bis nach
Gorleben und Ahaus in diesem Jahr, Auch die neue rot/grüne
Landesregierung hat sich auf die Seite der Brokdorfbetreiber (HEW
und PreussenElektra) geschlagen und vor Gericht beantragt, die Klage
abzuweisen.
Wenn nicht wir die Gesundheit und Zukunft unserer Kinder und Enkel
und unsere eigene verteidigen, wer sollte es dann tun?! Nicht jede/r
nimmt die Mühen eines Mammutprozesses auf sich, und meist fehlt
es auch am nötigen Geld, um Gerichte und Anwälte zu bezahlen. |