Norddeutsche Rundschau

06.08.1998

25 Jahre Streit um das Kernkraftwerk Brokdorf
200 Geburtstagsgäste kamen

Vom Protest zum Widerstand
BROKDORF
( t a )

Foto privat

25 Jahre Widerstand gegen das Atomkraftwerk Brokdorf - für die rund 200 Atomkraftgegner, die sich am Sonnabend vor dem AKW eingefunden hatten, kein Grund zu feiern. Dennoch war es für sie ein Zeitpunkt, um sich mit gelaufenen Aktionen und der Entwicklung in der Atompolitik auseinanderzusetzen.

Jung und alt tauschten vor dem Tor des Atomkraftwerkes ihre Erfahrungen und Geschichten aus. Manch "altes Gesicht" wurde wiederentdeckt, aufgerufen zur "Party gegen den Atomstaat" hatte der "Aktionskreis Stillegen sofort", der Landesverband von Bündnis 90/Grüne und die Basisgemeinschaft Wulfhagener Hütten.

Am 12. März 1974 stellte die Nordwestdeutsche Kraftwerk AG den Antrag auf die Errichtung eines Druckwasserreaktors in Brokdorf. Schon vorher waren die Pläne bekannt geworden, und es regte sich Widerstand. Verschiedene Redner erinnerten an die erste Bauplatzbesetzung 1976. Mit Zelten und Schlafsäcken seien sie damals angerückt, von den umliegenden Bauern hätte es Milch und Eier gegeben. Doch die Besetzung dauerte nicht lange. Schon kurze Zeit später wurden die Demonstranten von der Polizei mit Gewalt und Tränengaseinsatz vom Bauplatz vertrieben. "An diesem Tag ist bei vielen der Glaube an die Demokratie kaputtgegangen", so eine Rednerin. Und mit unverkennbarer Freude dankte sie den anwesenden jugendlichen Demonstranten in Brokdorf. "Es ist schön zu sehen, daß die nächste Generation da ist", sagte sie.

Ein Redner der Basisgemeinde Wulfshagener Hütten, die an jedem 6. des Monats vor dem Kernkraftwerk ihre Mahnwache abhalten, erinnerte an den Super-Gau in Tschernobyl 1986. Im selben Jahr ging Brokdorf ans Netz. "Wir haben die Tore blockiert, bis wir weggetragen wurden. Damals ging es vom Protest zum Widerstand".

Das Ziel der Atomkraftgegner ist auch nach 25 Jahren gleich geblieben: Sie wollen auf die Probleme bei der Atomenergienutzung hinweisen. Die in den vergangenen Wochen bekannt gewordenen Verstrahlungen der Castorbehälter hat die Diskussion um die Atomkraft neu belebt. Und den Atomkraftgegnern Recht gegeben, die die Castor-Transporte aus Brokdorf und Brunsbüttel mit Demonstrationen begleiteten und auf die Gefahren hinwiesen.

So stand bei allen Demonstranten nicht nur die Forderung "Brokdorf soll wieder zur Wiese werden", sondern der Ausstieg aus der Atomenergie.